Das E-TTL-Blitzprotokoll - wie sieht es tatsächlich aus?
Die Arbeitsweise des Canon E-TTL-Blitzsystems gehört zu den komplexesten Blitzsteuerungs-Protokollen an heutigen KB- oder Digitalkameras. Dabei sind durch das E-TTL-Protokoll sowohl Steuerungen auf Seiten der Kamera, als auch auf Seiten des Blitzes bzw. mehrerer, durch drahtlose Kommunikationssignale verbundener Blitzeinheiten erforderlich. Je nach Einsatzweise und Kamera kann der Blitz dabei entweder einen klassisch gesteuerten Hauptblitz abgeben, kurze Blitzpulse zur drahtlosen Kommunikation oder besonders konfiguruerte Linearblitze zur "highspeed"-Syncronisation bzw. als Meßvorblitz abgeben. Diese verschiedenen Signalformen können im Rahmen eines einzigen Bildes in kombinierter Form ablaufen und stellen so eine korrekte Belichtung z.B. durch mehrere, parallel gezündete Blitzgeräte sicher. Über die generelle Funktionsweise von E-TTL und mögliche Fallstricke bzw. Vorsichtsmaßnahmen zum Vermeiden unerwünschter Resultate ist bereits sehr viel geschrieben worden. Hier sollen hingegen schlicht die im Rahmen von E-TTL-Blitzsystemen abgegebenen Lichtpulse gezeigt und kurz erläutert werden.
Meine Messungen wurden mit den Systemblitzgeräten Canon Speedlite 550EX, Canon Speedlite 420EX und dem Canon Speedlite-Transmitter ST-E2 durchgeführt. Die Messungen sind jeweils durch einen Photomultiplier in hoher Abtastfrequenz erhaltene Lichtintensitäts-Profile, die die Blitz- und Steuerungspulse der Canon E-TTL-Geräte sehr klar wiedergeben können.
Intensitätsspuren bei Blitzen mit voller und mit reduzierter Leistung:
Mit einem Canon Speedlite 550EX ist die Abbrennkinetik wie folgt:
Reduziert man die Blitzleistung um Faktor 2, so wird der Blitz nach knapp
1/1000 s von der Thyrystorsteuerung „abgehackt“:
Bei weiterer Abregelung (hier Faktor 8) erreicht der Blitz gerade mal seine
Maximalintensität und wird daraufhin sofort abgeschaltet:
Bei noch stärkerer Abregelung wird der Blitz bereits im Aufstrich seiner Leistung wieder abgeschaltet. Der Zusammenhang zwischen Leuchtzeit und resultierender Lichtmenge ist wegen der Leuchtkinetik des Blitzes relativ komplex
Standard-Konfiguration mit einem einzelnen Blitzgerät direkt oder über E-TTL-Verlängerungskabel an der Kamera:
Mit einem Canon Speedlite 550EX sieht ein typischer E-TTL-Blitzvorgang wie
folgt aus:
Man erkennt im Beispiel einer E-TTL-gesteuerten mit dem Speedlite 550EX einen Vorblitz, der nach etwa 80 ms vom Hauptblitz gefolgt wird. Dieser Vorblitz dient zur vorab-Ermittlung der erforderlichen Blitzleitung bei der Aufnahme. Der Vorblitz hat in diesem Fall eine längere Brenndauerdauer als der bereits nach sehr kurzer Zeit abgeregelte Hauptblitz. Interessant ist, dass der Vorblitz aber eine ganz andere Form des Intensitätsverlaufs annimmt.
Eine Detailvergrößerung des Vorblitzes:
Der Vorblitz dauert 0,4-0,5 ms und besteht aus 20-25 Einzelschwingungen, die mit 50.000 Hz vom Blitz abgegeben werden. Hierdurch erhält der Vorblitz eine relativ konstante Leistung, damit auch bei Messungen über die Meßfelder der Kamera und bei simultaner Zündung mit Slave-Blitzen genügenz Integrationszeit mit gleichmäßiger Blitzlicht-Intensität zur Verfügung steht.
Die Zeitintervalle zwischen Vor- und Hauptblitz liegen in Abhängigkeit von der Betriebsart und vom Kameramodell um 60-150 ms.
Highspeed-Synchronisation:
In der „Highspeed“-Synchronisation nutzen die Canon EX-Blitzgeräte den selben
50.000 Hz-Rhythmus, wie bei den Meß-Vorblitzen. Eine quasi-kontinuierliche
Leistungsabgabe wird über ca. 1/100 s beibehalten, um während des Ablaufens
beider Verschlußvorhänge eine kontinuierliche Beleuchtung der Szene zu erzeugen.
Durch die hohe Frequenz von 50.000 Hz werden die Lichtintensitäten einzelner
Spannungsstöße durch die Blitzröhre bereits miteinander verschmolzen, sodaß
selbst bei einer Belichtungszeit von 1/8000 s (analog-Spitzenmodelle) oder gar
1/16000 s (EOS 1D) keine relevante Inhomogenität der Belichtungsintensität
aufgrund der sinusförmigen Intensitätsschwankungen zu befürchten ist:
In einem Detailausschnitt zu Beginn des Highspeed-Synchonisations-Blitzes erkennt man die Schwingung besser:
Master / Slave Betrieb:
Eine Besonderheit des E-TTL-Protokolls ist die Implementierung einer drahtlosen
Blitzsteuerung zwischen einem direkt auf der Kamera montierten oder zumindest
über E-TTL-Blitzkabel mit der Kamera verbundenen Steuergerätes (dem Master) und
einem oder mehreren Slave-Blitzen, die in bestimmten Entfernungen und Winkeln
zum Steuergerät aufgestellt werden können. Die Kommunikation vom Master zu den
Slave-Blitzen findet mit Blitzpulsen (beim ST-E2 Transmitter durch Rotfilter
geleitet) statt. In umgekehrter Richtung findet außer der ständig blinkenden
Bereitschaftsanzeige keine Kommunikation statt, die von einem Slave zurück zum
Master gerichtet wäre. Die Kommunikation ist also unidirektional und der Master
ruft lediglich Vor- und entsprechend konditionierte Hauptblitze vom Slave ab.
Wichtig bei der Lichtführung im E-TTL-System ist, daß über verschiedene
„Sendekanäle“ (Channel 1, 2, 3 oder 4) mehrere Gruppen von Blitzgeräten
unabhängig voneinander gesteuert werden können. Dies wird durch einen
„optischen Barcode“ verwirklicht, der aus extrem kurzen Abfolgen von
Blitzpulsen gebildet wird. Innerhalb dieses „Barcode“ werden verschiedene
weitere Informationen vermittelt, wobei der Zeitabstand zwischen den ersten
beiden Pulsen einer Informationsgruppe immer den Channel definiert. Ein
Doppelpuls mit 0,1 ms Abstand adressiert Channel 1, bei 0,15 ms wird Channel 2,
bei 0,2 ms Channel 3 und bei 0,25 ms Channel 4 angesprochen. Die folgenden
Pulse enthalten weitere Information über Belichtungskorrektur, evtl.
Gruppenaufteilung und deren Balance etc.. Die gesamte Lichtspur mit einem
Master und einem Slave, die in einer Gruppe sind, sieht folgendermaßen aus:
Detail der ersten Kommunikationsgruppe, die neben der Channel-Definition (durch Zeitabstand der ersten zwei Pulse) die Slaves der entsprechenden Gruppe auf den folgenden Mess-Blitz vorbereitet:
Die Channel-Definition durch Variation des Zeitintervalls zwischen den ersten beiden Blitzpulsen wird klarer sichtbar, wenn man diese Vorgruppe unter identischen Bedingungen aber mit Master auf Channel 1-4 eingestellt aufzeichnet:
Ein Messblitz und die zweite Kommunikationsgruppe entfallen bei manueller Blitzleistungseinstellung, die am Master vorgenommen und in einer einzelnen Kommunikationsgruppe übertragen wird.
Detail der komplexeren zweiten Kommunikationsgruppe, die dann auch das Steuersignal für die Leistungsabgabe der Slaves der verschiedenen Gruppen für den folgenden Hauptblitz übermittelt:
Auch von praktischer Relevanz für den Fotografen dürfte sein, daß die Gesamtdauer des Vorblitzgewitters je nach Steuermodus und Verteilung der Slaves auf verschiedene Gruppen variiert. Dabei beträgt die Gesamtdauer des Geflackeres bis über 200 ms, was dann sicher zum Blinzelreflex führen kann. Will man dies vermeiden, so verzichtet man lieber auf die Aufteilung in mehrere Gruppen (Helligkeit am Motiv kann alternativ durch Positionierung der Geräte verändert werden) oder man stellt am Master auf eine manuelle Kontrolle der Leistungsabgabe um.
Stroboskop-Funktion:
Die manuelle Blitzsteuerung oder die Stroboskop-Funktionen des 550EX
funktionieren klaglos, anzumerken ist höchstens, daß im Stroboskop-Modus das
Timing zwar perfekt ist, die Intensitätsabgabe jedoch mit abnehmender Tendenz
geschieht, wodurch die initialen Stroboskop-Blitze zu etwas stärkeren
Belichtungen führen dürften, als die gegen Ende der Stroboskop-Serie
abgefeuerten Blitze. Dieser Unterschied beträgt bei längeren Serien immerhin
fast eine ganze Blendenstufe. Die im Bildbeispiel zu erkennende schwächere
Impulsgruppe kurz vor Beginn des Stroboskop-Serie ist eine
"drahtlos-Kommunikation-Signatur“, da der Blitz noch auf „Master“
eingestellt war. Sie fällt jedoch nicht in die eigentliche Belichtungszeit.
Eine vergleichbare Stoboskop-Serie wird auch dann abgegeben, wenn über die
Abblend-Taste ein „Dauerfeuer-Blitz“ (1 s Dauer) zur Kontrolle der Lichtführung
abgerufen wird.