Das i-TTL-Blitzprotokoll - wie sieht es tatsächlich aus?

Nikons i-TTL-Blitzprotokoll gilt als das fortschrittlichste und variabelste der derzeitigen drahtlosen Systemblitz-Protokolle. Die Vielzahl der Einstellungsoptionen bedingt dabei, dass ein komplexes Kommunikationsprotokoll zwischen Master- und Slave-Blitzen implementiert ist. Mit einem schnellen Lichtmeßsystem (Photomultiplier-gestützt) wird hier gezeigt, welches Vor- und Hauptblitz-Gewitter im Rahmen von Nikons i-TTL-Protokoll geschehen kann. Die Nutzung des Blitzes als Fokushilfe sei hierbei mal ausgeklammert.

Die Messungen wurden mit dem Systemblitzgerät Nikon SB-800 und der Nikon D200 durchgeführt. Die Messungen sind jeweils durch einen Photomultiplier in hoher Abtastfrequenz (unterer µs-Bereich) erhaltene Lichtintensitäts-Profile der Steuerungs-, Messvorblitz- und Hauptblitzpulse der Nikon i-TTL-Geräte.

 

Besonderer Dank gebührt hierbei Wolfgang Esbruch (Username „Wolfgang E.“ im DSLR-Forum), der nicht nur die Kamera- und Blitzhardware beigetragen und angesteuert hat, sondern auch bei der Entzifferung der Signalkomplexe immer die richtigen Ideen hatte.

 

Abbrennkinetik des Nikon SB-800 Systemblitzgerätes:

Der Nikon Systemblitz SB-800 zeigt bei voller Leistungsabgabe die folgende Abbrennkinetik:
 

Reduziert man die Blitzleistung so wird der Blitz ganz klassisch durch Thyrystorsteuerung „abgehackt“:
 

 

Standard-Konfiguration mit einem einzelnen Blitzgerät direkt an der Kamera:

Mit Nikons SB-800 sieht ein typischer i-TTL-Blitzvorgang ohne Master/Slave-Regelung wie folgt aus:
 

Man erkennt im Beispiel einer den Mess-Vorblitz, der nach etwa 70 ms vom Hauptblitz gefolgt wird. Dieser Vorblitz dient zur vorab-Ermittlung der erforderlichen Blitzleistung bei der Aufnahme. Der Vorblitz hat anders als bei Canon keine Konstantleistung durch Oszillationen, sondern er ist ein klassischer singulärer Blitzpuls. Interessanterweise sieht dies aber beim kamerainternen Blitz der Nikon D200 oder bei dunklem bzw. weit entfernten Motiv anders aus, da dabei dann gleich zwei Mess-Vorblitze abgegeben werden.

Situation mit dem kamerainternen Blitz der D200, hier gezeigt nur die beiden Mess-Vorblitze. Man erkennt in der gezeigten Auflösung gerade noch, dass der erste Mess-Voblitz stärker und länger (ca. 120 µs) als der nach ca. 16 ms folgende zweite Messblitz (ca. 40 µs) ist:

Wenn beim Mess-Vorblitz des externen Blitzgerätes SB-800 die durch die Linse (TTL) gemessene Intensität zu gering scheint (hier wurde einfach der Objektivdeckel aufgesetzt), so reagiert das Nikon i-TTL-System nach 22 ms mit einem zweiten, dann stärkeren Messblitz. Die Blitzdauer im ersten Messblitz betrug ca. 50 µs, im zweiten, stärkeren Messblitz 150 µs:

Das i-TTL-System scheint also beim Messen nochmals reagieren zu können, indem ein anders konfigurierter zweiter Messblitz abgegeben und evaluiert werden kann.

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Highspeed-Synchronisation:
In der „Highspeed“-Synchronisation nutzt das i-TTL-System ebenso wie Canons E-TTL System eine oszillatorische Schwingung, um ein Dauerlicht zu produzieren, welches über die Dauer der gesamten Verschlußabläufe semikonstant bleibt. Die Frequenz muss dabei möglichst hoch sein, um bei sehr kurzen Verschlußzeiten eine Streifenbildung vermeiden zu können. Nikon erzeugt hierbei einen 40.000 Hz-Rhythmus, der über ca. 1/180 s anhält, um während des Ablaufens beider Verschlußvorhänge eine kontinuierliche Beleuchtung der Szene zu erzeugen. Interessanterweise ist der Nikon HSS-Modus mit nur 5,5-6 ms Leuchtdauer deutlich kürzer als der von mir gemessene Ablauf des Canon HSS-Systems, welches gut 10 ms Dauerlicht produziert und damit zumindest bei identischer Gesamtenergieabgabe theoretisch eine stärkere Reduktion der bei HSS verbleibenden Leitzahl müsste. Es wäre nett, wenn jemand dies mal nachschlagen und mich über das Ergebnis informieren könnte.

Durch die hohe Frequenz von 40.000 Hz werden die Lichtintensitäten einzelner Spannungsstöße durch die Blitzröhre bereits partiell miteinander verschmolzen, sodaß auch bei Belichtungszeiten von 1/8000 s ein Verschmelzen von 5 dieser sinusförmigen Intensitätsschwankungen nur zu geringen Helligkeitsschwankungen über den Verschlußablauf führt. Dennoch verbleibt eine Restinhomogenität, wobei die schnellen Wellen aber das geringere Problem sind:

In einem Detailausschnitt zu Beginn des Highspeed-Synchonisations-Blitzes erkennt man die Schwingung besser:

Master / Slave Betrieb:
Eine Besonderheit des i-TTL-Protokolls ist die Implementierung einer drahtlosen Kommunikation zwischen dem Kamera-internen oder aufgesteckten Master-fähigen Blitz und einem oder mehreren Slave-Blitzen, die in bestimmten Entfernungen und Winkeln aufgestellt und bis zu drei verschieden zu regelnden Gruppen zugeordnet werden können. Die Kommunikation vom Master zu den Slave-Blitzen findet mit Blitzpulsen statt. In umgekehrter Richtung findet keine Kommunikation statt, sondern die Slaves liefern nur den angeforderten Mess-Vorblitz und den entsprechend dimensionierten Hauptblitz ab. Über verschiedene „Sendekanäle“ (Channel 1, 2, 3 oder 4) können mehrere Fotografen jeweils ihre Slave-Gruppe(n) selektiv adressieren, so dass auch mehrere solcher Systeme nicht miteinander ins Gehege kommen müssen. Dies wird durch einen „optischen Barcode“ verwirklicht, der aus extrem kurzen Abfolgen von Blitzpulsen in einer ersten Kommunikationsgruppe gebildet wird. Auf diese erste Kommunikationsgruppe folgen je nach Aktivierung der Gruppen A-C ein bis drei Gruppen von Vorblitz-Aktivierungen, Messvorblitzen der Slaves und (vermutlich) Deaktivierungs-Signale. Im gesamten Komplex sieht die Lichtspur dann so aus:

Wie man erkennt, dauert das gesamte Kommunikations- und Mess-Konzert bis zu 250 ms. Dabei ist ein Blinzelreflex bei entsprechend empfindlichen Personen quasi-unausweichlich oder sogar fast schon wieder abgeklungen.

 

Die Ansteuerungs-Gruppen für die Vorblitze bestehen aus je drei Komplexen, von denen der erste die Gruppen-Definition übermitteln dürfte und die beiden anderen Doppelpulse wohl je die Start- und Stopp-Zeiträume für die Abgabe der entsprechenden Mess-Vorblitze festlegen dürften. Im Detail dieht eine solche Dreiergruppe so aus:

 

Auf die Initiations- und Gruppen-Kommunikationen folgt die Steuerungs-Übermittlung an die Slaves. Die hierzu eingesetzte Gruppe von Blitzimpulsen (in unseren Versuchen bis zu 24 Einzelpulse) ist durchaus als relativ komplex zu bezeichnen:

 

Insgesamt nutzt das Nikon i-TTL-System ähnlich wie Canons E-TTL-System „optische Barcodes“ der Blitzröhren, um in einer unidirektionalen Kommunikation die Slaves zu befehligen und anzusteuern. Angenehmer in der Bedienung von i-TTL fielen mir insbesondere zwei Dinge auf: die Master-Fähigkeit des eingebauten Blitzes der D200 und die deutlich klarere manuelle Einstell-Möglichkeit der Slave-Gruppen in Leistungsstufen, die entweder im Kameramenue oder am SB-800 als jeweilige Master vorgenommen werden kann. Die Methode, bei Bedarf auch zwei Messblitze verschiedener Leistung abzugeben mag die Genauigkeit steigern, Canons E-TTL verwendet zum Messen ja einen oszillierenden Linearblitz und kann vielleicht aus diesem Grund auch mit nur einem Messblitz genau genug die korrekte Leistung ermitteln. An den Spuren erkennt man insbesondere in der Ansteuerung der verschiedenen Slave-Gruppen einen komplexeren Ablauf des Nikon i-TTL-Systems. Auch in der finalen Übermittlung der Steuersignale wirkt das Nikon-System komplexer.